„Willst du immer weiter schweifen? /Sieh, das Gute liegt so nah. /Lerne nur das Glück ergreifen, /Denn das Glück ist immer da.“ Diesen Vierzeiler schrieb niemand anders als der alte Reiseexperte Johann Wolfgang von Goethe, der sich ja nun oft genug in fremden Landen aufgehalten hat. Ein bisschen Recht hat er trotzdem, bei aller Liebe zur Fernreise. Und gerade jetzt, im September, können wir in den Supermärkten auch sehen, warum: Das Weihnachtsgebäck wird wieder ausgepackt. Aus diesem Anlass haben wir für Dich ein paar regionale Gebäckspezialitäten aus Deutschland (na gut, eines kommt aus der Schweiz und eines ist kein Gebäck) probiert, die allesamt einen Kurztrip nach Bremen, Baden oder Berlin rechtfertigen würden. Aber nicht zu viel auf einmal naschen!
Stutenkerl, Westfalen
Der kleine Hefeteigmann mit der Tonpfeife im Mund hat seinen großen Tag am 6. Dezember, dem Nikolaustag. Oft wird er mit Rosinen und Puderzucker verziert. Unter anderem Namen und in anderer Verkleidung ist er auch in vielen anderen Regionen Deutschlands bekannt.
Pfannkuchen, Berlin
Berliner Pfannkuchen sind einer der erfolgreichsten Exporte der deutschen Hauptstadt, auch wenn der Name den Rest des Landes in leichte Verwirrungen stürzt. Das meist mir Marmelade gefüllte Süßgebäck ist insbesondere zu Silvester beliebt.
Franzbrötchen, Hamburg
Außerhalb der direkten Umgebung Hamburg sieht man das Franzbrötchen nur selten. Das süße Plundergebäck wird mit viel Zimt und Zucker gefüllt, der beim Backen karamellisiert. Je matschiger das Ergebnis, desto besser.
Butterkuchen, Niedersachsen
Meistens wird er als typischer Blechkuchen nur mit Mandeln und Streuzucker oder Guss gebacken, aber es gibt auch runde und gefüllte Varianten mit Äpfeln oder anderem Obst aus der Region. Ein Stück Butterkuchen und ein Kännchen Kaffee sind der typische Nachmittagssnack überall, wo Du den Deich sehen kannst.
Wibele, Langenburg
Wibele sehen nicht nur ein bisschen aus wie Russisch Brot, der Teig ist auch sehr ähnlich. Allerdings wird er nur hellbraun gebacken und die kleinen Gebäckstücke sind nur etwa einen mal zwei Zentimeter groß.
Klaben, Bremen
Der Klaben ist ein weiteres Wintergebäck. Er wird in Bremen Anfang Dezember in rauen Mengen gebacken und hält sich dann über den ganzen Winter, manchmal sogar bis Ostern. Der stollenähnliche Kuchen wird mit Sultaninen oder Korinthen gebacken und mit Kardamom verfeinert.
Neujahrskranz, Münsterland
Der Münsterländer Neujahrskranz ist nicht nur lecker, sondern hat auch eine symbolische Bedeutung. Brot wird im Münsterland oft als Glücksbringer zu verschiedenen Festen verschenkt. in jedem der drei Teigstränge des Kranzes findest Du andere Zutaten. Im ersten stehen Marzipan, Mandeln, Pistazien und Weinbrand für Freude und Glück im neuen Jahr. Die Rosinen im zweiten Strang stehen für Gesundheit und Kraft. Und der dritte Strang wird ohne besondere Zutaten verwendet und steht für Natürlichkeit und Besinnung. All das wird in einem Kranz verflochten.
Knieküchle, Altbayern und Franken
Knieküchle sind ein beliebtes Schmalzgebäck in Süddeutschland und Österreich. Der Teig wird so geformt, dass er innen ganz dünn ist und außen eine Wulst hat, dann wird das Küchle frittiert und – je nach Geschmack – mit Puderzucker oder Marillenmarmelade gegessen.
Lebkuchen, Nürnberg
Lebkuchen sind ein Klassiker der Adventszeit und die besten kommen natürlich aus Nürnberg. Ob mit Schokolade, Mandeln, Zuckerguss – die Oblatenlebkuchen sind so lecker, dass es fast schon eine Schande ist, sie nur zur Weihnachtszeit zu essen.
Babbeler, Bremen
Eine weitere Spezialität aus Bremen – und diese gibt’s auch nur in Bremen – ist Babbeler. Streng genommen ist die menthol- beziehungsweise pfefferminzhaltige Zuckerstange kein Gebäck. Aber süß ist sie auf alle Fälle. Und gegen Husten hilft sie auch noch. Außerhalb der Bremer Stadtgrenzen wird der Klassiker nicht verkauft, aber in Bremen findest Du Babbeler in jeder Apotheke. Und ganz besonders der jährliche Freimarkt wäre ohne die Süßigkeit nur halb so – nun ja – süß.
Pfeffernuss, Norddeutschland
Die klassische norddeutsche Pfeffernuss ist eine Art Lebkuchen, der ganz mit Zuckerguss überzogen ist. Manche Varianten haben eine schokoladige Unterseite oder eine Verzierung aus bunten Zuckerperlen. Wie die meisten Lebkuchen werden sie vorrangig zur Weihnachtszeit gebacken.
Strübli, Süddeutschland
Die eigenartige Form bekommen Strübli durch ein Trick: Der flüssige Teig wird in Spiralen in eine Pfanne mit siedendem Öl gegeben und dann ausgebacken. Ähnlich wie Waffeln isst man das Teiggewirr am besten warm und mit Puderzucker.
Förtchen, Schleswig-Holstein
Diese kugelrunden Leckereien aus Norddeutschland sind ein weiteres Gebäck, das hauptsächlich zur Weihnachtszeit auf den Tisch kommt. In einer speziellen Pfanne erhalten die Förtchen ihre nahezu kugelrunde Form. Gefüllt werden sie meist mit Apfel- oder Pflaumenmus.
Kirschenmichel, Pfalz
Wir sind ein bisschen nah dran für einen guten Blick auf den Kirschenmichel. Prinzipiell ist die Süßspeise ein Auflauf aus einem Teig, in dem unter anderem altbackenes Brot und Kirschen verarbeitet werden. Mit Vanillesoße und Zimt kommt das Gericht gerade im Sommer auch mal als Hauptgang auf den Tisch.
Scheiterhaufen, Altbayern
Hinter dem martialisch anmutenden Namen versteckt sich eine weitere Reste-Speise. Der Teig besteht zu einem großen Teil aus alten Semmeln, verfeinert wird er mit Rosinen, Rum und Äpfeln. Alles wird aufgeschichtet, gebacken und mit Puderzucker serviert.
Nonnenfürzle, Schwaben und Allgäu
Da wir uns schon im Gebiet der interessanten Namen bewegen, passen die Nonnenfürzle ganz wunderbar. Die kleinen Kugeln aus Brandteig werden in heißem Fett gebacken und danach – natürlich – in Zucker gewendet. Der Name ist natürlich ein Missverständnis. Er leitet sich von “nunnekenfurt” ab, was so viel heißt wie “von Nonnen am besten zubereitet”.
Meitschibei, Schweiz
Hier haben wir ein wenig geschummelt, denn dieses Gebäck stammt aus der Schweiz Dieses unspektakulär anmutende Gebäckstück heißt auf Hochdeutsch übersetzt “Mädchenbeine”. Das ist aber kein Missverständnis, sondern der Form des Gebäcks geschuldet, in der sich eine leckere Haselnussfüllung versteckt.
Pfefferkuchen, Pulsnitz
Die Pulsnitzer Pfefferkuchen sind ebenso wie die Nürnberger Lebkuchen eine geschützte Marke. Nur eine Handvoll Betriebe stellen die Lebkuchenvariation her, die aus einem fettlosen Teig hergestellt werden, der vor dem Backen einige Monate lang reift.
Schneeballen, Rothenburg ob der Tauber
Schneebälle sind wunderbar einfache und vielfältige Leckereien. Die Kugeln aus Mürbeteig gibt es überzogen mit allem, was das Herz begehrt: Zimt und Zucker, Schokolade, Nüsse oder Kokos. Und gefüllte Varianten sind natürlich auch beliebt.
Bethmännchen, Frankfurt am Main
Am Ende der süßen Reise sind wir wieder bei Goethe gelandet, genauer: in Frankfurt. Drei halbierte Mandeln verzieren die kleinen Kugeln aus Marzipanteig. Aus dem gleichen Teig werden auch die beliebten Brenten gebacken, die eine eher klassische Plätzchenform haben. Und dreimal darfst Du raten, wer ein großer Liebhaber der Frankfurter Brenten war.
Haben wir etwas vergessen? Ganz sicher! Schreib uns einen Kommentar mit dem Lieblingsgebäck aus Deiner Heimat.
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